Im beruflichen Bildungszentrum Edith-Stein-Schule in Ravensburg, das zum Netzwerk der UNESCO-Projektschulen gehört, hielt ich am 7. Oktober 2011 zwei Vorträge über unser Schulgründungsprojekt. Ungefähr 400 Oberstufen-SchülerInnen und auch eine Reihe von Lehrkräften nahmen an der Veranstaltung teil. Bei den Vorträgen ging ich von der Problematik der Entwicklungshilfe-Bemühungen in Afrika und den Ursachen für das weitgehende Scheitern aus, das Volker Seitz in seinem sehr lesenswerten Buch „Afrika wird armregiert oder Wie man Afrika wirklich helfen kann“ (2009) beschreibt: „Zwischen 1960 und 2006 sind bis zu 2,3 Billionen Dollar nach Schwarzafrika geflossen. Pro Kopf der Bevölkerung erhielt jeder Afrikaner sechs Mal mehr als die Europäer durch den Marshallplan. Das Geld hat praktisch keine Verbesserung der dortigen Lebensumstände bewirkt.“  Seitz hatte 17 Jahre als deutscher Diplomat in Afrika gearbeitet, zuletzt als Botschafter in Kamerun. Aus dem weitgehenden Scheitern der traditionellen Entwicklungshilfe leitete ich Grundlinien unseres Konzeptes ab, das ganz im Sinne von Rupert Neudeck auf Bildung setzt: „Bildung, Grundbildung, Berufsausbildung – das sind die Felder, da könnten wir von Europa den Menschen in Afrika, die das wollen, unter die Arme greifen.“                    Â
An den Fragen der Zuhörer konnte man erkennen, dass unser Projekt und die Möglichkeit einer Mitarbeit und Kooperation auf beachtliches Interesse stießen. Über die konkrete Realisierung einer möglichen Zusammenarbeit wird in nächster Zeit entschieden.
Volker Seitz
Ich habe in 17 Jahren in Afrika viele vergebliche, weil unsinnige Projekte erlebt. Da ich überzeugt bin, dass jedes Problem Afrikas auf fehlende Bildung zurückgeht, freue ich mich über Ihre Initiative mit den Modellschulen für Afrika.
Wer eine gute Ausbildung erhält, braucht weniger Angst vor der Zukunft zu haben. Bildung vermittelt Selbstbewußtsein und Überlebenskraft. Bildung wird den Afrikanern auch helfen sich aus der dauerhaften Abhängigkeit von ausländischem Beistand zu befreien. Es geht darum, dass Afrikaner ihr Schicksal selbst bestimmen.
Nur Bildung wird die Menschen in die Lage versetzen, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen. Es ist kein Naturgesetz, dass Afrika arm ist. „Aber die afrikanischen Machthaber haben Angst vor zu viel Bildung, denn damit werden sie automatische hinterfragt.“(Moeletsi Mbeki, südafrikanischer Analyst in einem Interview mit Welt Online am 8.8.2011)
Volker Seitz
Karl-Heinz Köhler
Vielen Dank für die ermutigenden Worte, über die ich mich umso mehr freue, als sie von einem wirklichen Afrika-Experten kommen. Ich denke auch wie Sie, dass Bildung Selbstbewusstsein und Ãœberlebenskraft vermittelt sowie Afrikanern helfen kann, sich von der Abhängigkeit von ausländischem Beistand zu befreien und in zunehmendem Maße kritischere Bürger zu werden, die die Politik ihrer Machthaber hinterfragen. Wichtig scheint mir aber zu sein, dass eine solche Bildung nicht nur Wissen bedeutet, dass sie nicht durch bloßes Auswendiglernen erworben wird. Im Kontext der modernen Medien ist heute eine solche Bildung durch traditionelle Lehrmethoden nur schwer zu vermitteln. Wissen ist natürlich die Grundlage. SchülerInnen müssen aber – neben Lehrervorträgen – die Möglichkeit haben, selbständig Fragestellungen zu entwickeln, Problemlösungen zu erwägen und auszuprobieren, z.B. in Projektarbeit. Sie sollen Schritt für Schritt auch lernen, Verantwortung zu übernehmen – für ihr eigenes Lernen, für die Ergebnisse ihrer Lerngruppe, für ihre Lebenssituation, den weiteren gesellschaftlichen und politischen Kontext, schließlich auch für ihr Land – aber das ist ein weiter Weg. Durch angemessene, der jeweiligen Altersstufe entsprechende Möglichkeiten zu selbstgesteuertem und -bestimmtem Lernen werden wir versuchen, Hilfestellungen auf diesem Weg zu geben.
Karl-Heinz Köhler